Holozäne Vegetationsgeschichte Nordost-Nigerias

Sahelzone: Manga Grasslands

Die Pollenprofile der Manga Grasslands zeigen, dass der Kontrast zwischen der offenen Graslandschaft auf den Dünen und den dichten Galeriewäldern entlang der wasserführenden Depressionen bereits zu Beginn des Holozäns ausgeprägt war. Die Physiognomie der Vegetation blieb im Verlauf des Holozäns im Wesentlichen unverändert, aber ihre floristische Zusammensetzung wandelte sich mit den Veränderungen des Klimas: In den Depressionen dominierten im Frühholozän, ab ca. 11.500 cal BP, Sumpfwälder mit guineischen Arten, auf den Dünen offene Savannen mit sudanischen und sahelischen Pflanzen.

Die Kombination aus Elementen verschiedener Vegetationszonen ist ein Sonderfall und kann mit den besonderen physiogeographischen Bedingungen der Region erklärt werden. Infolge des hohen Grundwasserspiegels konnte sich am Rand der Depressionen eine extrazonale guineische Vegetation mit Syzygium und Uapaca etablieren. Trotz höherer Niederschläge als heute verhinderte der besonders durchlässige Sandboden dichteren Bewuchs auf den Dünen. Die guineischen Gehölze in den Dünendepressionen gehen im Übergang vom 7. zum 6. Jahrtausend cal BP zurück ­­­– ein erster Hinweis auf allmählich trockenere Umweltbedingungen. Etwa ab 3500 cal BP verstärkt sich dieser Trend abrupt und es etabliert sich eine mit den heutigen Savannen vergleichbare sahelische Vegetation.

Sudanzone: Lake Tilla (Biu-Plateau)

Weil die meisten Savannen Westafrikas heute Kulturlandschaften sind, beeinflusst durch intensiven Ackerbau und Weidewirtschaft, glaubten viele Vegetationsgeschichtler, dass die sudanischen Savannen anthropogene Degradationsformen einer zonalen tropischen Trockenwaldvegetation seien, zerstört durch Rodungen, menschengemachte Feuer, Holzentnahme und Beweidung. Die Pollenanalysen aus dem Lake Tilla belegen aber, dass die Existenz der sudanischen Savannen nicht auf den Bodenbau zurückgeführt werden kann. Savannen dominierten auf dem Biu-Plateau bereits zu Beginn des Holozäns; das zeigen hohe Prozentanteile von Graspollen und typischen Savannenbäumen, sowie Holzkohlen als Anzeichen regelmäßiger Savannenbrände. Die Feuer, natürlich oder von frühen Jägern ausgelöst, hielten die Vegetation offen.

Zu Beginn des Holozäns, nach 11.500 cal BP, waren die Savannen der Sudanzone guineisch geprägt, hier und da gab es vermutlich einzelne Waldbestände. Flächenhaft ausgedehnte Trockenwälder oder gar halbimmergrüne Feuchtwälder können jedoch selbst für diese humide Klimaperiode ausgeschlossen werden. Ab ca. 8000 cal BP wurde es trockener, die Savanne bestand zunehmend aus sudanischen  Arten, und der Seespiegel sank. Ab 4200 cal BP verstärkt sich dieser Trend noch einmal. Auch für das Spätholozän kann ein bedeutender Einfluss des Menschen auf die Savannen der Sudanzone nicht eindeutig nachgewiesen werden. Problematisch ist allerdings, dass trockeneres Klima und Einfluss des Menschen sich in gleicher Weise verändernd auf die Vegetation auswirken. Zudem fehlen für die Savannen Westafrikas eindeutige Kulturzeiger unter den Pollentypen.

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Publikationen

Neumann, K., K. Hahn-Hadjali & U. Salzmann (2004): Die Savannen der Sudanzone in Westafrika – natürlich oder menschengemacht? In: Albert, K.-D., Löhr, D. & Neumann, K. (eds.): Mensch und Natur in Westafrika. Abschlussbuch des Sonderforschungsbereichs 268: 39-68. Weinheim (Wiley/VCH). pdf

Neumann, K. & U. Salzmann (2001): Feuerökologie der westafrikanischen Savannenlandschaft. Würde die Savanne ohne Brand existieren? - In: Busch, B., Goldammer, J.G. & Denk, A. (eds.): Feuer. Schriftenreihe Forum 10: 280 – 289. Köln (Wienand).

Salzmann, U. (2000): Are savannas degraded forests? - A Holocene pollen record from the Sudanian zone of NE-Nigeria. – Vegetation History and Archaeobotany 9, 1-15.

Salzmann, U. & M. Waller (1998): The Holocene vegetational history of the Nigerian Sahel based on multiple pollen profiles. – Rev. Palaeobot. Palynol. 100(1-2), 39-72.

Salzmann, U., P. Hoelzmann & I. Morczinek (2002): Later Quaternary climate and vegetation of the Sudanian zone of NE-Nigeria deduced from pollen, diatoms and sedimentary geochemistry. – Quaternary Research 58, 73-83.

Waller, M. & U. Salzmann (1999): Holocene vegetation changes in the Sahelian zone on NE Nigeria: The detection of anthropogenic activities. – Palaeoecology of Africa 26, 85-102.

Dissertation

Salzmann, U. (1998): Zur holozänen Vegetations- und Klimaentwicklung der westafrikanischen Savannen. Paläoökologische Untersuchungen in der Sahel- und Sudanzone NO-Nigerias. Doktorarbeit. Julius-Maximilians-Universität, Würzburg. Berichte des Sonderforschungsbereichs 268, 13, 1999.

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