Vegetationsgeschichte Westafrikas
Seit 1989 forschen Frankfurter Wissenschaftler zur Vegetationsgeschichte Westafrikas und benutzen dabei zahlreiche, sich ergänzende Methoden und Datenquellen. Aus archäologischen Fundstellen im Sahel von Burkina Faso, in Nigeria und in SW-Kamerun sowie aus den Sedimenten von Ounjougou (Mali) wurden Holzkohlen, Früchte, Samen und Phytolithe untersucht. Die bearbeiteten Pollenprofile stammen von Oursi (Burkina Faso), aus den Manga Grasslands und vom Biu-Plateau (Nigeria), Lac Selé (Benin), und Nyabessan (SW-Kamerun).
Über die Vegetation Westafrikas im kalten, trockenen Spätpleistozän geben nur wenige Archive Auskunft. Soviel ist aber bekannt: In der Zeit zwischen 21.000 und 9500 v. Chr. reichte die Sahara etwa 300 km weiter nach Süden als heute, und der Regenwald überlebte nur in wenigen kleinen Refugien, z.B. in SW-Kamerun. Ab 13.000 v. Chr. nahmen die Niederschläge wieder zu, aber das Klima blieb zunächst instabil, und einen echten Vegetationswandel sieht man in den Archiven erst mit dem Beginn des Holozäns, ab 9500 v. Chr.
Im Frühholozän breiteten sich die anspruchsvolleren Pflanzen zunächst an den Ufern von Flüssen und Seen aus, während die sahelischen Savannen von Ounjougou und in den Manga Grasslands nur einen spärlichen Gehölzbewuchs aufwiesen und durch einjährige Gräser dominiert waren. Während des früh- und mittelholozänen Klimaoptimums wuchsen floristisch reiche sudano-guineische Savannen auf dem Biu-Plateau, in Ounjougou und auf der Chaîne de Gobnangou (SO Burkina Faso); sudanische Elemente gab es aber auch weiter nördlich im Sahel. Regelmäßige Buschfeuer hielten die Savannen offen und verhinderten die großflächige Ausbildung von Trockenwäldern. Süd-Benin, wo heute das Dahomey Gap als Savannenkorridor den westafrikanischen vom zentralafrikanischen Regenwald trennt, war im mittleren Holozän von halbimmergrünen Regenwäldern bedeckt.
Bereits ab 6000 v. Chr. verschwanden die guineischen Arten nach und nach aus den Savannen bei Lake Tilla - erste Anzeichen für abnehmende Niederschläge. Einen deutlichen Trockenheitseinbruch sieht man in Süd-Benin, wo Savannen ab ca. 2500 v. Chr. den halbimmergrünen Wald ersetzten und das Dahomey Gap entstand. Weiter im Norden fand der Wechsel zu trockeneren Savannentypen, die mit den heutigen vergleichbar sind, ab später statt (Lake Tilla 2200 v. Chr., Ounjougou 1800 v. Chr., Manga Grasslands 1500 v. Chr., Oursi 1200 v. Chr. und Chaîne de Gobnangou 800 v. Chr).
Im Regenwald von SW-Kamerun verlief die Entwicklung etwas anders, sie ist im Pollenprofil von Nyabessan sichtbar. Hier kam es zwischen ca. 500 und 200 v. Chr. zu einem teilweisen Zusammenbruch der Wälder. Schnell wachsende Pioniergehölze ersetzten die Wälder, die sich nach dem Spätpleistozän wieder ausgebreitet hatten. Die Pioniergehölze profitierten wahrscheinlich von einem veränderten Niederschlagsregime. Die Niederschlagsmenge insgesamt blieb gleich, aber sie verteilte sich saisonal unterschiedlich, eine deutliche Trockenzeit bildete sich heraus.
Als Folge der zunehmenden Trockenheit im Spätholozän wanderten ab 2500 v. Chr. Rinderhirten aus der Sahara in den Sahel ein. Mit dem beginnenden Bodenbau wurde die Vegetation der westafrikanische Savanne tiefgreifend umgestaltet, jedoch ist dies in den Pollendiagrammen schwer zu fassen. Am deutlichsten sieht man die Entstehung der Kulturlandschaft in den Holzkohleinventaren aus archäologischen Fundplätzen im Sahel von Burkina Faso, wo Anzeiger für Agroforstsysteme ab dem ersten Jahrtausend n. Chr. zu finden sind. Erst im 20. Jahrhundert n. Chr. haben besonders im Sahel Übernutzung und zunehmende Aridität zu einer Degradation der Vegetation geführt; zahlreiche Pflanzenarten, die bis 1500 n. Chr. noch archäologisch nachweisbar waren, sind heute aus dem Sahel verschwunden.
Publikationen
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